27.09.2016 von Jörg Julius

Whistle-Blower all over the world - united!

von Joerg Julius

Als im Jahr 2008 das größte Technologiekonzern der Welt, die Siemens AG, eine Rekordsumme von 1,2 Mrd. USD Strafe sowohl an die US-amerikanische Regierung (ca. 800 Mio. USD) als auch an den deutschen Finanzminister (ca. 395 Mio. USD) zahlen mußte, ging ein Raunen durch die internationale (Geschäfts-) Welt.

Siemens hatte weltweit, aber u.a. auch in Griechenland, mit Hilfe verdeckter Zahlungen, deren Anzahl das Untersuchungsergebnis der US-Behörden mit mindestens 4283 angibt, an verantwortliche Entscheidungsträger in den Regierungen und in Staatskonzernen in einer Gesamthöhe von mehr als 1,4 Mrd. USD erfolgreich versucht, Großaufträge zu akquirieren. Dieses globalisierte Businessmodell koste Siemens mehr als 2 Mrd. USD an Bußgeldern und Steuernachzahlungen.

Dem Konzern hängt die Geschichte des lockeren Schmiergeldes noch heute an. Dies beweisen erneute Strafzahlungen von rund 11 Mio. im Jahr 2013 in der Schweiz und 38 Mio. Euro in Israel in diesem Jahr.

Das Siemens mit dieser lukrativen Bestechungspraxis kein Einzelfall war und ist, zeigen die vielen anderen Verfahren, die vorher und nachher durch die verschiedenen Behörden weltweit geführt worden.

Und das Siemens nicht die einzige (auch deutsche) Firma mit Korruptionsbewußtsein ist beweist die lange Lister der Verfahren gegen deutsche, US und internationale Konzerne, aufgestellt durch das SEC, der US-Börsenaufsichtsbehörde. Hier liest man neben vielen anderen so illustre Namen wie Daimler AG (185 Mio. USD Strafe), ABB (39,3 Mio. USD Strafe), Pfizer (45 Mio. USD Strafe), Allianz (12,3 Mio. USD Strafe), Eli Lilly (29 Mio. USD Strafe), Total (398 Mio. USD Strafe), Avon Products (135 Mio. USD Strafe), VimpelCom (Niederländischer Telekommunikationsanbieter mit 795 Mio. USD Strafe).

Den Vogel abschießen wird wohl jedoch wiedermal ein deutsches Unternehmen.

Nach dem aufgedeckten Abgasskandal haben sich bereits jetzt VW und 44 US-Bundestaaten auf eine Strafzahlung von 603 Mio. USD geeinigt. Außerdem gibt es ein Zahlungsagreement von VW mit weiteren US-Behörden, Autohändlern in den USA und vielen geschädigten US-Autobesitzern in Höhe von sage und schreibe 14,7 Mrd. USD! Und dies wird bei weitem nicht das Ende der Fahnenstange sein.

 

Was hat dies alles aber nun mit Whistle-Blowern zu tun?

Nach dem US-amerikanischen Antikorruptionsgesetzt (FCPA-Foreign Corrupt Practices Act) können an Hinweisgeber sogenannte Rewards ausgezahlt werden. Die Höhe dieser Belohnung richtet sich nach der Höhe der Strafzahlungen und kann bis zu 30% der als Strafe verhängten Summen über eine Million US-Dollar betragen (SEC-Whistleblower Programm). Aber nicht nur die amerikanische Börsenaufsicht (SEC), nein auch das US-amerikanische Justizministerium (DoJ) kann Belohnungen vergeben. Whistleblowing kann also sehr lukrativ sein. Die höchsten bisher ausgezahlten Belohnungen belaufen sich im Bereich von 12 bis 30 Millionen USD (22,5 Mio. USD für einen ehemaligen Finanzmanager von Monsanto).

In aller erster Linie sollten wir jedoch den Vorteil für unser soziales Gefüge sehen. Auch mit der Hilfe von Informanten können Staaten gezielt gegen illegale Praktiken von Unternehmen und auch Einzelpersonen vorgehen, die, letztendlich alle schädigen. Whistleblowing ist also nicht nur lukrativ für den, der es tut. Es hilft unserer Gesellschaft, sich vor Korruption, Steuerbetrug und anderen illegalen Praktiken zu schützen.

 

Aber es gibt auch mutige Mitbürger deren Wissen und Erfahrungen nicht an die Öffentlichkeit dringen soll.

Staaten und Politiker, Beamte und einflussreiche Kreise versuchen alles, um diese Whistleblower nicht zu Wort kommen zu lassen. Finanziell nicht lukrativ, aber äußerst wichtig für unsere Gesellschaft, ist jedoch diese Art von Whistleblowing, die viel eher mit den Worten Courage und Gemeinsinn beschrieben werden kann. Edward Snowden, der wohl prominenteste Vertreter aus dieser Kategorie, hat mit seinem Mut untragbare Verhaltensnormen nicht nur seines Arbeitgebers, der NSA, an die Öffentlichkeit gebracht. Ohne finanzielle Vergütung und verbunden mit all den Einschränkungen, die ein wütendes Establishment über ihn ausgeschüttet hat muss er heute mit den Konsequenzen leben.

Welches Motiv auch immer der Antrieb für Whistleblower sein wird, ich wünsche viel mehr Menschen den Mut, Dinge zu tun, die unsere Gesellschaft weiter bringen, die helfen, Korruption und Machtansprüche, Ausbeutung der Ärmsten, Betrug und anderes kriminelles Verhalten zu reduzieren, einzudämmen und, wenn möglich, zu beseitigen. 

Sicher, solange das Geld regiert und die Gier nach Macht und nach persönlichem Einfluss auf gesellschaftliche Gefüge bestimmend ist, werden wir mit Korruption, Bestechung, Schwarzen Kassen und undemokratischen, intransparenten und lobbyistischen Politikern, mit bestechlichen Beamten und mit steuerflüchtigen CEO`s leben müssen.

Aber man kann ja lernen. vielleicht von Edward Snowden.

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Kommentar von H. Greuter |

Leider steht bei allen Handlungen unserer "Eliten" meist die Gier nach Macht und Einfluss im Mittelpunkt. Solange wir nicht bereit sind, unsere Werte weg vom Mammon, Dividenden und dem ständigen Mehr zu verändern, wird immer nach der Devise "Das Ziel heiligt die Mittel" verfahren. Profitmaximierung, koste es was es wolle, und der Drang nach Erfolg und Reichtum (wie immer der auch aussehen mag) sind (immer noch) die Antriebsmechanismen derjenigen, die die Geschicke der Wirtschaft und der Politik lenken und leiten.
Solange wir alle weiterhin akzeptieren, daß wir keine Menschen mehr sind, sondern nur noch Wähler, Konsumenten, Verbraucher..... wird sich am Zustand der Ungleichheit nichts ändern. Solange wir meinen, daß allein der Gang zur Wahlurne alle vier Jahre Demokratie bedeutet werden die Merkels und Schäubles und Trumps und Erdogans und wie sie alle heißen genau diesen Status Quo unserer Geselsschaft fundamentieren. Es bleibt nur zu hoffen, daß die Visionen eines Paul Mason ("Postcapitalism") oder die wissenschaftlichen Erörterungen von Thomas Piketty ("Kapital im 21. Jahrhundert") mehr Menschen erreichen und zum Nachdenken verleiten.
Wenn daraus dann noch aktiver Widerstand gegen den gallopierenden Finanzkapitalismus (denn eine soziale Marktwirtschaft haben wir ja schon lange nicht mehr!) erwächst, sollte eine Chance bestehen, die Gesellschaft zum Vorteil ALLER zu verändern.
H. Greuter